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Veganuary

Die gefühlvolle Werbung zur Weihnachtszeit zeigt, wie ein kleines Mädchen das hungrige Rotkehlchen vor dem Fenster füttert, bevor sie sich an den festlich gedeckten Tisch setzt – um Pute zu essen.

Offenbar vertraut die Werbeagentur darauf, dass die Zuschauer*innen keine Verbindung zwischen den beiden Vögeln herstellen und ihr Mitgefühl mit dem Rotkehlchen nicht auf die Pute übertragen. Denn die sollen sie ja nicht bedauern, sondern kaufen und essen.

Ein Fernsehspot aus Israel will an diese verdrängte Verbindung zwischen schutzbedürftigen Tieren und Fleisch erinnern: Im Supermarkt ist einer Kundin das Gefrierfleisch nicht frisch genug. Deshalb verlangt sie an der Theke besonders frisches Lammfleisch. Der Metzger wetzt das Messer, während sein Kollege ihr strahlend ein Lamm überreicht, das sich vertrauensvoll an ihre Schulter schmiegt. »Wollen Sie es gehackt oder eingepackt?«, wird die entsetzte Frau gefragt.

»Weder noch« wäre in einem solchen Albtraum die naheliegende Antwort. Doch das bedeutet Verzicht auf das Lammfleisch. »Ob Osterlamm oder Kuscheltier – ein schmaler Grat bestimmt, was beim Anblick eines Tieres obsiegt: die Niedlichkeit des Objekts oder Hunger«, schreibt der Philosoph Richard David Precht in seinem Buch »Tiere denken. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen.« Ein englisches Sprichwort besagt, man kann einen Kuchen nicht essen und trotzdem behalten, und das gilt für das Lamm und die Pute ebenso.

Wer das Leben der beiden retten will, kann sich für einen veganen Monat bei der gemeinnützigen Organisation »Veganuary« anmelden. Auch wenn es das Wortspiel andeutet, ist die Teilnahme nicht nur im Januar möglich, sondern jederzeit. Ein Monat hat sich als Zeitspanne bewährt: Einerseits überschaubar, um sich das Durchhalten zuzutrauen, andererseits ausreichend, um neue Gewohnheiten zu entwickeln. Das gilt nicht nur für einen veganen Lebensstil, sondern für alles, was sich lernen lässt, weshalb dieses außergewöhnliche Thema in einem Blog mit dem Titel lehr.bar seinen Platz findet.

Inzwischen haben sich mehr als eine halbe Million Teilnehmende angemeldet, aus jedem Land der Welt außer Nordkorea, Eswatini und Vatikanstadt. Sie alle wollen eine pflanzliche Ernährung ausprobieren und werden dabei von 31 E-Mails begleitet. Neben Rezepten und praktischen Tipps erhalten sie Informationen über die Auswirkungen veganer Ernährung auf Tiere, Menschen und die Umwelt.

Was spricht also dagegen? Wie bei jeder gelungenen Geschichte gibt es neben hilfreichen Unterstützer*innen (also den Guten) auch Widersacher*innen (also die Bösen). Sie tragen hochtrabende Namen wie »Status-quo-Verzerrung«, »Default-Effekt« oder »falsche Dichotomie« und machen uns nicht nur das vegane Leben schwer. Diese Bösewichte werden hier noch ausführlicher vorgestellt, zur Abschreckung und als Warnung.

Damit es trotzdem nicht zu düster wird, geht es in den kommenden Wochen aber auch um Erfreuliches.

Happy Veganuary!

Ein Kommentar zu “verzicht.bar

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