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NaNoWriMo 2022
Am 1. November fällt der Startschuss. Ein leiser Startschuss, um die empfindsamen Schreiber*innen nicht zu erschrecken, die sich weltweit zum National Novel Writing Month 2022 zusammenfinden.
Ihr Ziel ist es, in einem Monat 50.000 Wörter aufs Papier zu schreiben oder in die Tastatur zu tippen, alleine oder bei Schreibtreffen, im virtuellen Austausch oder Wettstreit mit anderen Teilnehmenden.
Stephen King zitiert in seinem Sachbuch »Das Leben und das Schreiben« die Beschreibung einer märchenhaften Schriftstellerkolonie im Wald von T. C. Boyle:
»Jedes Mitglied verfügt über seine eigene kleine Hütte, in der tagsüber gearbeitet wird. Mittags bringt ein Angestellter des Haupthauses den angehenden Hemingways und Cathers Essen in einem Karton, den er auf die vordere Veranda des Häuschens stellt. Er setzt ihn ganz leise auf der Veranda ab, um den Bewohner nicht in seiner kreativen Trance zu stören.«
Vermutlich steht und fällt die erfolgreiche Teilnahme am NaNoWriMo nicht mit der Lautstärke, mit der das Essen serviert wird. Doch diese Rücksicht zeigt, dass Schreiben als bedeutsam angesehen wird. In der Realität können die wenigsten den November in einem solchen Schreibparadies verbringen. Noch nicht einmal der King of Horror höchstpersönlich:
»Wahrscheinlich sprach mich dieses Idyll so stark an, weil es meilenweit von meinem Leben entfernt ist, in dem die Kreativität jeden Moment unterbrochen werden kann.«
Einen Vorteil haben diese Unterbrechungen: Sie können als Ausreden dienen, warum der Bestseller noch nicht geschrieben ist: »In solchen Momenten denken wohl alle Schriftsteller das Gleiche, egal wie gut oder erfolgreich sie sind: O Gott, wenn ich bloß die richtige Umgebung zum Schreiben hätte, wenn ich unter verständnisvollen Menschen lebte, dann könnte ich ein Meisterwerk schreiben, das weiß ich genau.«
Doch Stephen King glaubt, dass Schreiben zwischen Ablenkungen und Unterbrechungen möglich ist. »Ehrlich gesagt habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass die üblichen täglichen Unterbrechungen und Ablenkungen einem im Werden begriffenen Werk nicht sonderlich schaden, sondern ihm sogar auf gewisse Weise helfen können.«
Die Schreibdilettanten Marcus Johanus und Axel Hollmann empfehlen: »Es gibt einige Themen, die jeden Autor beschäftigen. Die Wahl des idealen Schreibplatzes gehört eindeutig dazu. Nicht jeder kann überall schreiben. Die meisten Autoren benötigen Ruhe.« Viel Ruhe. Doch erst dann mit dem Schreiben zu beginnen, wenn das Essen lautlos serviert und alle Aufgaben abgehakt wurden, ist gewagt: »Den perfekten Zeitpunkt zum Schreiben gibt es leider nicht. Wenn Sie darauf warten, dass ›alles passt‹, werden Sie nicht oft zum Schreiben kommen.«