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hochsensibel

Die klinische Psychologin Elaine Aron forscht seit 1996 zum Thema Hochsensibilität und schrieb darüber das Buch »The Highly Sensitive Person: How to Thrive When the World Overwhelms You«. Im Jahr 2002 folgte »Das hochsensible Kind. Wie Sie auf die besonderen Schwächen und Bedürfnisse Ihres Kindes eingehen«.

Ein Vorurteil besagt, Hochsensible wären in Wirklichkeit Neurotiker, die sich für etwas Besonderes hielten. Auf YouTube trägt ein Video der Reihe Psychocouch den Titel: »Bin ich hochsensibel oder liegt das Problem woanders?« In der Beschreibung heißt es: »Laut Studien sollen 15-20 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sein. Doch Stefanie Stahl ist bei den Zahlen skeptisch. Im Video erklärt Steffi, warum sie ein Problem mit der Diagnose der Hochsensibilität hat.«

Ihrem Gesprächspartner erzählt die Psychotherapeutin Stefanie Stahl: »Vor meinem Arbeitszimmer ist ein Hof und da spielen Kinder. Ich finde das total schön, denn ich freue mich dann, dass die Kinder spielen, dass sie munter sind. Deshalb kann ich den Lärm gut ausblenden. Eine Nachbarin von mir, die kann das überhaupt nicht. Bei der werden sofort Glaubenssätze getriggert: ›Ich werde nicht respektiert. Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig.‹ Die steigert sich da total rein und kann das überhaupt nicht ausblenden. Viele Punkte sind eine innere Einstellungssache.«

Ein Kommentar zu diesem Video lautet: »Hier sprechen zwei Nicht-Hochsensible über Hochsensible.« Wozu braucht man wissenschaftliche Forschung, wenn die Nachbarin als Feindbild dienen kann? Das Buch von Elaine Aron richtet sich an Eltern und beginnt mit einem Test »Ist Ihr Kind hochsensibel? Ein Fragebogen für Eltern«. Doch auch Erzieher*innen, Lehrer*innen und Nachbar*innen sollten informiert sein. Und Therapeut*innen.

Corina Greven ist Professorin am Radboud University Medical Center in den Niederlanden und setzt sich dafür ein, das Thema Hochsensibilität in das Studium zu integrieren. In ihrer Antrittsrede sagte sie, dass die Hochsensibilität ein Imageproblem hat. Sie gilt als unwissenschaftlich und als etwas Negatives: Man denke an Menschen, die nicht belastbar sind. Das sei eine vereinfachte Sichtweise, doch es mangele an Fachkenntnis. »Wenn ein Therapeut mal fundiertes Wissen dazu hat, dann ist das eher die Ausnahme. Gleichzeitig berichten aber viele hochsensible Menschen, dass die Erkenntnis, hochsensibel zu sein, sehr wichtig für sie ist.«

Hochsensibilität ist keine Störung, sondern eine Persönlichkeitseigenschaft. Sie beschreibt Menschen, die sensibler für Reize aus der Umwelt sind, positive wie negative. Hochsensible Menschen haben …

… eine bessere Wahrnehmung für Feinheiten und sind sich der Nuancen stärker bewusst.

… eine erhöhte emotionale Reaktivität und brauchen länger, positive und negative Emotionen zu verarbeiten.

… eine tiefere Verarbeitung, so dass sie intensiver über Dinge nachdenken und deshalb lieber tiefgründige Gespräche führen als Smalltalk.

… mehr Empathie.

Dadurch sind sie leichter überstimuliert durch laute Geräusche, helles Licht, aber auch durch soziale Reize. Es erschöpft sie, unter Menschen zu gehen, und sie benötigen anschließend eine Pause. So wichtig es ist, dass ihre Mitmenschen informiert sind, hilft es auch, auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen – ohne Vergleich mit den Tiefsensiblen.

Wir freuen uns auf Anregung und Empfehlungen von Lehrenden und Lernenden (wer ist das nicht?!) per Mail oder einfach hier im Kommentarfeld.

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