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Geschmackstest

»Chemie ist, wenn es knallt und stinkt«, heißt es. »Physik ist das, was nie gelingt.« Und die Mathematik? Wie könnte ein Mathe-Reim lauten?

Jürgen Kramer ist Professor für Mathematik und ihre Didaktik an der Humboldt-Universität in Berlin. Er kritisiert: »Wenn Schüler und Schülerinnen sich mit Geometrie und Analysis beschäftigen müssen, dann wissen sie meist nicht, wofür das gut ist.«

Das reimt sich zwar nicht, aber die Mathematiklehrer Werner Petzolt und Dr. Wolfgang Riemer bestätigen: »Wie in der Geometrie und der Analysis ›dümpeln‹ oft auch in der Stochastik strukturorientierte Kurse mit wenig Realitätsbezug lustlos vor sich hin.« Reale Fragestellungen seien eher selten, und in Schulbüchern »zerfließt die zündende Idee allzu schnell in der Systematik der Inhaltsverzeichnisse.«

Sie schlagen für die Sekundarstufen I und II einen Geschmackstest mit Schokolade vor, die nicht zerfließen soll, sondern eher verschmelzen. Nämlich Wahrscheinlichkeitsrechnung, Modellbildung auf der Grundlage von Annahmen und Hypothesen, beschreibende und beurteilende Statistik.

Es fängt alles ganz praktisch an: Vier Sorten Schokolade werden so zerkleinert, dass man die Marke nicht erkennen kann, und auf die Gefäße A, B, C und D verteilt. Da jede Sorte nur einmal vorkommt, entspricht das einem Wahrscheinlichkeitsexperimenten ohne Zurücklegen.

Dann folgt der beste Teil: Die Schüler*innen probieren die Schokolade und ordnen die vier Marken den vier Gefäßen zu. Sie sind unsicher? Dann sollten sie ein weiteres Mal probieren, solange der Schokoladenvorrat reicht. Die schriftlichen Antworten werden in einem versiegelten Umschlag aufbewahrt. Erst ganz am Ende des Experiments wird ausgezählt, wie gut die Schokolade erschmeckt wurde, um die Spannung nicht zu zerstören.

Nun sind die Schüler*innen aufgefordert, Hypothesen zu formulieren und auf ihnen aufbauend mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung Prognosen anzustellen. Auch bei völlig geschmacksblindem Raten sind Treffer zu erwarten.

Ein geschmackloser Geschmackstest lässt sich durch Spielkarten mit den Buchstaben A, B, C, D simulieren, die völlig zufällig neben die Schokolade gelegt werden. 24 Kombinationen sind möglich:

ABCD 4 Treffer
ABDC 2 Treffer
ACBD 2 Treffer
ACDB 1 Treffer
ADBC 1 Treffer
ADCB 2 Treffer

BACD 2 Treffer
BADC 0 Treffer
BCAD 1 Treffer
BCDA 0 Treffer
BDAC 0 Treffer
BDCA 1 Treffer

CABD 1 Treffer
CADB 0 Treffer
CBAD 2 Treffer
CBDA 1 Treffer
CDAB 0 Treffer
CDBA 0 Treffer

DABC 0 Treffer
DACB 1 Treffer
DBAC 1 Treffer
DBCA 2 Treffer
DCAB 0 Treffer
DCBA 0 Treffer

Die Wahrscheinlichkeit für 4 Treffer beträgt also 1/24, für 2 Treffer 6/24, für 1 Treffer 8/24 und für 0 Treffer 9/24 – wenn geraten wird. Je mehr die tatsächlichen Trefferzahlen davon abweichen, umso deutlicher unterscheidet sich der Geschmack.

3 Treffer sind nicht möglich, denn drei korrekt identifizierte Schokoladensorten bedeuten, dass auch die vierte korrekt ist. Das Fazit?

Mathe lernen wir am besten,
wenn wir Schokolade testen.

Das reimt sich – muss also stimmen.

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