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Selbstbild

Der Versuchsaufbau war raffiniert: Kanadische Studentinnen sollten an zwei Mathematiktests teilnehmen und dazwischen Aufgaben zum Verständnis eines fiktiven Texts lösen. Damit wurde jedoch in Wirklichkeit gar nicht überprüft, wie gut sie den Text verstanden hatten, sondern welche Auswirkung der Inhalt auf den folgenden Mathematiktest hatte. 

Der Text enthielt entweder geschlechtsspezifische Vorurteile oder nicht. So wurde behauptet, das Y-Chromosom, das den Frauen fehlt, wäre entscheidend für mathematische Begabung. 

Die Leistungen in Mathematik verschlechterten sich signifikant bei den Studentinnen, die glaubten, dass es genetische Unterschiede gäbe. Ilan Dar-Nimrod und Steven Heine schrieben darüber im Jahr 2006 den Artikel »Exposure to scientific theories affects women’s math performance«. Seitdem haben sich die Mathematikleistungen von Schülerinnen und Schülern angeglichen. 

Die Konfrontation mit Vorurteilen lässt sich kaum vermeiden. Aber es hilft bereits, sich ihrer Wirkung bewusst zu sein, um sie zu neutralisieren. 

Wenn es derart einfach ist, jemandem fehlende Begabung einzureden, dann müsste auch das Gegenteil funktionieren, wie Cohen et al. erforschten (»Recursive processes in self-affirmation: intervention to close the minority achievement gap«): 

Zu Beginn des Schuljahres ließen sie amerikanische Schülerinnen und Schüler einen Wert auswählen wie Kreativität, Unabhängigkeit, Sport, Gemeinschaft, Kunst, Musik, Politik, Religion oder Familie und Freunde. Dann schrieben die Kinder einen Aufsatz, warum dieser Wert eine besondere Bedeutung für sie hatte und was sie tun wollten, um ihre Ziele zu erreichen. Im Laufe des Schuljahres wurde diese Aufgabe noch dreimal wiederholt. Dadurch verbesserten sich die Schulnoten deutlich, unabhängig davon, welcher Wert ausgewählt wurde. Offenbar führten die positiven Erwartungen zu erhöhter Leistungsbereitschaft in allen Bereichen. Selbst wenn die Intervention als Lesetest oder Schreibübung getarnt war.

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