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Medien

Der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer ist bekannt für einprägsame Schlagworte. Seine Bücher tragen die Titel »Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen« oder »Cyberkrank! Wie das digitalisierte Leben unsere Gesundheit ruiniert«. Also überrascht es nicht, dass er dringend vor DVDs mit reißerischen Namen wie »Baby Einstein« warnt: Sie sollen Kinder schlau machen und ihnen beim Spracherwerb helfen. Tatsächlich ergab eine Studie an über 1000 Babys und deren Eltern, dass der Konsum dieser DVDs die Sprachentwicklung verzögerte, während tägliches Vorlesen und das Erzählen von Geschichten den Wortschatz der Kinder erweiterten.  

Das galt auch für ältere Kinder: Sechsjährige, die täglich mehr als drei Stunden fernsahen, zeigten beeinträchtigte kognitive Fähigkeiten. Im neuseeländischen Dunedin wurden Jugendliche in einer Längsschnittstudie begleitet (Sylva&Stanton 1996). Der Fernsehkonsum zwischen dem fünften und fünfzehnten Lebensjahr korreliert mit einem geringeren Bildungsniveau im Alter von 26 Jahren. 

Auch die Forderung nach Digitalisierung von Kindergärten und Schulen kritisiert Spitzer: Bei einem Computer handele es sich nicht um die High-Tech-Version des Nürnberger Trichters, sondern die Nutzung im Kindergarten könne zu Aufmerksamkeitsstörungen führen, im Schulalter zu Lesestörungen. »Nun werden Sie sagen, dass doch viele Medienexperten da anderer Meinung sind. Das ist richtig. Aber wenn Sie wissen wollen, ob Dreijährige Bonbons essen sollten, fragen Sie dann Experten für Dreijährige oder Experten für Bonbons?«

Anders als den Bonbonexpert*innen wird jedoch den Medienexpert*innen mit einer geradezu unterwürfigen Ehrfurcht begegnet. »Dies alles bedeutet nicht, dass Computer in Zukunft keinen Beitrag zur Bildung leisten könnten: Sie sind langmütiger als jeder Vater und jede Mutter und eignen sich daher besser zum Abhören von Vokabeln. Sie können sich auf die Stärken und Schwächen und vor allem auf das Wissen und die Wissenslücken der Schüler einstellen. Und sie können dem Lehrer viel Zeit sparen, indem sie ihm Routineaufgaben abnehmen und ihm somit helfen, sich auf sein Kerngeschäft, das individuelle Lernen jedes einzelnen Schülers, wirklich zu konzentrieren.«

Wir freuen uns auf Anregung und Empfehlungen von Lehrenden und Lernenden (wer ist das nicht?!) per Mail oder einfach hier im Kommentarfeld.

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