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Lernen im Schlaf

Das Gedächtnis wird gerne mit einem Speicher verglichen. Der Ausdruck ist vom lateinischen Wort »Spicarium« abgeleitet, in dem Getreideähren (»Spica«) aufbewahrt wurden.

Doch im Kopf liegen die Informationen nicht herum wie Getreide in einer Vorratskammer, sondern der Lernstoff wird beim Lernen quasi zu einem Getreideprodukt verarbeitet. Wie der Teig benötigt auch das Gelernte eine Ruhephase, und der Neurowissenschaftler Henning Beck empfiehlt, Vokabeln direkt vor dem Schlafen zu lernen.

Dieser Trick ist schon lange bekannt. Inzwischen ist es aber möglich, die Auswirkungen zu beobachten und dem Gehirn beim Schlafen zuzusehen. Im Tiefschlaf werden die Informationen des Tages wiederholt, im Traumschlaf wird neues mit altem Wissen verknüpft. Deshalb treffen auch in vielen Träumen Erinnerungen und Aktuelles aufeinander.

Nach dem Aufwachen geht das Lernen sofort weiter, und das nicht nur an Schultagen: »Dabei unterteilt unser Gehirn seine Zeit nicht in Phasen des Lernens und Nichtlernens. Im Gegenteil, wir sind permanent darauf ausgerichtet, Neues zu erfahren und die eintreffenden Sinnesreize so zu sortieren, dass wir sie das nächste Mal leichter und besser verarbeiten können. Das Gehirn passt sich permanent an.«

Deshalb mag das Gehirn Abwechslung. »Veränderungen sind das Hauptkriterium dafür, dass wir ein Lerninteresse zeigen. Wenn alles gleichbleibt, brauchen wir es auch nicht zu lernen.« Und mit der Veränderung kommt das Vergessen ins Spiel: »Der positive Effekt des Vergessens kommt besonders in abwechslungsreichen und sich verändernden Umgebungen zum Tragen. Dann nämlich ist Vergessen von Vorteil, weil es verhindert, dass man sich an sonderbare Einzelfälle erinnert und diese verallgemeinert. Außerdem ermöglicht es dadurch ein anpassungsfähiges Verhalten, denn ansonsten wäre man irgendwann viel zu langsam im Denken.«

Bei vielen Lerntechniken geht es darum, sich in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Informationen so zu merken, dass sie nach möglichst langer Zeit möglichst fehlerfrei abgerufen werden können.

In der Schule oder Universität kann das hilfreich sein. »Rein biologisch spricht nichts dagegen, wenn man am Tag vor der Prüfung den Stoff noch mal intensiv wiederholt. Ein Praxistipp an dieser Stelle: Wenn man etwas für den nächsten Tag konkret behalten will, schaut man es sich nur fünf Minuten noch mal an. Und dann sofort ins Bett und schlafen. Denn dann wird es in der Nacht vom Hippocampus besonders intensiv durchgekaut und anschließend besser erinnert. Das wäre quasi die geistige Brechstange, wenn’s mal wieder länger dauert mit dem Lernen.«

Außerhalb von Schule und Quizshows geht es jedoch weniger darum, das aus dem Gedächtnis wiederzugeben, was schon war, sondern Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Dafür sind Vergessen und Verlernen notwendig. Doch wie lässt sich das prüfungsadäquat formulieren? »Mein Wissensspeicher ist wegen Inventur vorübergehend geschlossen?« Die Reaktionen der Prüfenden wären jedenfalls interessant.

Gute Nacht!

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