vernachlässig.bar

die Zahl Null

Der Journalist Benjamin Prüfer wollte nach seinem Abitur mit Mathe nichts mehr zu tun haben. Als seine Tochter Hilfe in der Schule benötigte, schloss er jedoch Waffenstillstand mit der Mathematik. Er bat seine mathekundige Mutter um Hilfe, und sie verfassten ein ebenso unterhaltsames wie fundiertes Drei-Generationen-Buch mit dem Titel »Mathe für Mamas und Papas. So helfen Sie Ihrem Kind beim Lernen«. Neben Spielen und Rätseln enthält das Buch auch Historisches wie die wechselvolle Geschichte der Null.

Erfunden wurde sie in Indien und zum ersten Mal im Jahr 876 dokumentiert, auf einer Steintafel in Gwalior. Erst 326 Jahre später gelangte die Null nach Europa. Der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci schwärmte von den indischen Ziffern: »Mit diesen neun Figuren und dem Zeichen 0 lässt sich jede Zahl schreiben.«

Doch nicht alle teilten seine Begeisterung: »Ein Erlass von 1299 in Florenz verbot Kaufleuten das Rechnen mit der Null, da sie ›Betrug Tür und Tor‹ öffnen würde. Es dauerte noch mehrere hundert Jahre, bis sich das indisch-arabische Zahlensystem mit der Null in Europa durchsetzen konnte.« Ein wichtiger Helfer war im Jahr 1522 der vielzitierte Rechenmeister Adam Riese.

Mit der Geschichte von der Null wirbt Benjamin Prüfer um Verständnis für die Schwierigkeiten mit dieser Zahl: »Wenn Ihr Kind also nicht verstehen will, warum zehn größer ist als neun, obwohl die Zahl doch nur aus einer Eins und nichts besteht, halten Sie sich vor Augen, wie lange die Europäer gebraucht haben, um diesen asiatischen Zahlenzauber zu begreifen.« 

Kinder lernen in der Grundschule, dass bei einer Zahl wie 1001 die Nullen als Platzhalter für Hunderter und Zehner dienen. Schon die Babylonier entwickelten ein Stellenwertsystem, bei dem jedoch eine Lücke diese Funktion übernahm. In unserem Dezimalsystem wären mit Lücke statt Null Zahlen wie 101, 1001 oder 10001 kaum zu unterscheiden. 

Die Grundrechenarten werden handlungsbetont gelernt, und da bleibt wenig Platz für die Null: »Beim Zählen wird sie meist ignoriert – wir beginnen in der Regel mit der Eins. Auch beim Einmaleins wird sie meist übergangen – weder Eltern noch Lehrer fragen Kinder ab, wie viel null mal neun ist.« In Rechengeschichten über Geschenke oder Verluste wäre die Null eine Spielverderberin: »Meine Schwester bekommt von mir Bonbons geschenkt.« »Das ist ja nett! Wie viele denn?« »Null Bonbons.« Oder: »Mein Bruder hat mir Bonbons geklaut.« »Das ist ja gemein! Wie viele denn?« »Null Bonbons.«

Während sich die Anzahl der Bonbons bei der Addition oder Subtraktion mit Null nicht verändert und sie deshalb »neutrales Element« heißt, ist ihre Wirkung bei der Multiplikation dramatisch:

Eine Million im Lotto zu gewinnen, ist erfreulich. Auch wenn ich beim nächsten Mal null Euro gewinne, bleibe ich Millionärin.

1000000+0=1000000

Zweimal eine Million im Lotto zu gewinnen, ist doppelt erfreulich. Die Million wird also mit der Anzahl der Lottogewinne multipliziert. Aber durch die Multiplikation mit Null wird jede Zahl zur Null und der Lottogewinn verschwindet spurlos.

1000000×0=0

Anders bei der Division: Hier wird zwischen »Dividend« und »Divisor« unterschieden: Ein Dividend wird durch einen Divisor geteilt. Als Dividend lässt sich mit der Null problemlos rechnen und Albrecht Beutelspacher erklärt damit, warum die Null eine gerade Zahl ist: »Eine gerade Zahl von Objekten kann man auf zwei Kinder gerecht aufteilen, das heißt so, dass jedes gleich viele bekommt. Null Bonbons auf zwei Kinder aufteilen? Das ist zwar nicht gerade großzügig, aber es geht auf: Kein Bonbon bleibt übrig.« 

Dagegen die Null als Divisor: Viele erinnern sich noch dunkel daran, dass im Mathematikunterricht die Division durch Null als Todsünde galt oder als Weltuntergang. Sie können aber nicht unbedingt erklären, was daran so verwerflich ist. 

Später werden im Mathematikunterricht Potenzen gelehrt, die wiederholte Multiplikation einer Zahl mit sich selbst. Doch was ergibt zwei hoch null? Wie multipliziert man eine Zahl nullmal mit sich selbst? Ist 2⁰=0? Oder 2⁰=2? Weder noch, und dass das Ergebnis genau in der Mitte liegt, ist Zufall: Zwei hoch null ist eins. WAS?

Warum ist das so? Auch auf schwierige Fragen kennt Benjamin Prüfer eine überzeugende Antwort:

»Papa, wie rechnet man 323:19?«

»Das ist doch ganz einfach – frag mal die Mama!«

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