unerklär.bar

Mansplaining

Die Geowissenschaftlerin Dr. Jessica McCarty wurde während eines NASA Earth Meetings von einem Kollegen unterbrochen: Offensichtlich fehle ihr das nötige Fachwissen, sie solle doch erst einmal die Abhandlung von McCarty und anderen lesen.

Dr. Jessica McCarty strich die langen Haare zurück, zeigte auf ihr Namensschild und sagte:

»Ich bin McCarty und andere.«

Eine filmreife Szene. Zwar existiert kein Bildmaterial, wie der Kollege reagierte. Auf Nachfrage berichtet Jessica McCarty, dass er lapidar antwortete: »Oh so you know then.«

Die Wortschöpfung »Mansplaining« ist zusammengesetzt aus »man« und »splaining« (für explaining). Sie wurde im Jahr 2014 vom Oxford English Dictionary definiert als »jemandem etwas auf eine als herablassend oder bevormundend empfundene Weise erklären, typischerweise ein Mann gegenüber einer Frau«.

Denkbar wäre auch ein männlicher Geowissenschaftler, den eine Kollegin unterbricht, um ihn über seine eigene Abhandlung zu belehren. Doch der Begriff »Womansplaining« führt ein Schattendasein.

Kim Goodwin wurde immer wieder von Kollegen nach dem Unterschied zwischen erwünschten Erklärungen und Mansplaining gefragt. Schließlich erstellte die Grafik-Expertin dieses selbsterklärende Diagramm:

©Kim Goodwin

Die Erklärgrafik fällt nicht in die Kategorie »Womansplaining«, denn es gilt:

Wer um eine Erklärung gebeten wird, darf gnadenlos erklären.

Von Lehrenden werden Erklärungen erwartet. Also ist Unterrichten kein Teachersplaining. Dennoch sollten sie wachsam sein, ob sie herablassend und bevormundend klingen und damit die Freude der Lernenden dämpfen.

Wenn die Rollen weniger eindeutig verteilt sind, dann hängt die Auswahl zwischen den Antworten »›wahrscheinlich‹ oder ›definitiv‹ Mansplaining« von der geschätzten Kompetenz des Gegenübers ab.

Wer im Fachgespräch mit einer Expertin wie Dr. Jessica McCarty ein Belehrungsbedürfnis verspürt, dem rät das Diagramm: »Hör einfach auf zu reden.«

Die vierzehnjährige Virginia Flowe ist eine begnadete Künstlerin und versteht es, komplexe Sachverhalte pointiert zu illustrieren. Den Begriff Mansplaining erklärt sie – auf expliziten Wunsch, also kein Teenagersplaining:

»Männer versuchen, etwas in einer wirklich dummen Art zu erklären: ›Du weißt nicht, wie man eine Kaffeemaschine benutzt, weil du eine Frau bist. Ich muss dir die einfachsten Dinge erklären. Ich bin schlau und männlich und testosterongesteuert.‹«

©Virginia Flowe

Ihr Werk erläutert die Künstlerin so: »Dieser Mann trägt einen Anzug: ›Ich verdiene viel Geld, ich bin ein Geschäftsmann und sehr smart.‹ Er spricht mit einer Wissenschaftlerin und versucht, ihr ein willkürliches Thema zu erklären. ›Ich weiß das, weil ich schlauer bin als du.‹ Die Wissenschaftlerin ist genervt: Sie ist offensichtlich klug, sie hat einen Laborkittel an und ihre Haare zurückgebunden. Vermutlich hat sie wegen ihres Experiments drei Nächte nicht geschlafen.«

Dann sollte die Wissenschaftlerin unbedingt einen Kaffee trinken. Hoffentlich erklärt ihr jemand die Kaffeemaschine.

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