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Algorithmen

Die Mathematikdidaktikerin Katja Lengnink forscht zur mathematischen und algorithmischen Mündigkeit. Doch was ist ein Algorithmus überhaupt? Im Jahr 2019 befragte die Bertelsmann-Stiftung 10.000 Europäer*innen. 48% von ihnen wussten es nicht. In Deutschland waren es immerhin 43%. Also womit beschäftigt sich Katja Lengnink?

Sie unterscheidet zwischen Mündigwerden durch die Mathematik und Mündigwerden gegenüber der Mathematik. Mathematik hilft dabei, komplexe Prozesse zu erfassen und Entscheidungen transparent zu machen. Zur Mündigkeit gegenüber Mathematik schreibt die Gesellschaft für Didaktik der Mathematik (GDM):
»In weiten Teilen des täglichen Lebens sehen sich Menschen mit automatisiert und computergestützt berechneten Handlungsempfehlungen konfrontiert. Die
scheinbare Objektivität von Mathematik muss in diesem Zusammenhang thematisiert und kritisch reflektiert werden, um Grenzen der Beschreibung, Modellierung und Operationalisierung komplexer Zusammenhänge abschätzen zu können.«

Und was bedeutet das für die algorithmische Mündigkeit? »Im Sinne des Mündigwerdens gegenüber Algorithmen und Algorithmischen Entscheidungssystemen stellt sich dabei zunächst immer die zentrale Frage der prinzipiellen Algorithmierbarkeit von Prozessen.« Wer nicht weiß, was Algorithmen überhaupt sind, kann die Frage nach der prinzipiellen Algorithmierbarkeit kaum beantworten. Aber vielleicht kann ein Algorithmus wie ChatGPT erklären, was ein Algorithmus ist?

»Ein Algorithmus ist im Grunde eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die verwendet wird, um ein bestimmtes Problem zu lösen oder eine Aufgabe zu erfüllen. Stell dir vor, du hast ein Rezept zum Backen eines Kuchens – das Rezept ist wie ein Algorithmus. Es beschreibt, welche Zutaten du brauchst und in welcher Reihenfolge du bestimmte Schritte durchführst, um den Kuchen zu backen.«

Das ist doch mal eine anschauliche Darstellung. Also ist ChatGPT nur ein anspruchsvolles Kuchenrezept? »In gewisser Weise bin ich ein Algorithmus, aber etwas komplexer als ein einfaches Kuchenrezept! Der Vergleich hilft, die Grundidee zu verstehen: Wie ein Rezept folge ich bestimmten Anweisungen und Regeln, um deine Fragen zu beantworten. Aber im Gegensatz zu einem festen Rezept, das immer gleich ist, bin ich darauf ausgelegt, flexibel zu reagieren. Also, ja, ich bin ein Algorithmus, aber einer, der darauf spezialisiert ist, natürliche Sprache zu verstehen und darauf zu reagieren – ein bisschen mehr wie ein sehr komplexes, lernendes Rezept!«

Der Sozialwissenschaftler Iddo Gal nannte als Voraussetzung für Datenkompetenz Lesefähigkeiten in Bezug auf Algorithmen und Daten, grundlegendes mathematisches Wissen und ein Kontextwissen im jeweiligen Sachgebiet. Außerdem sei eine kritisch fragende Grundhaltung nötig: Woher kommen die Daten, wer hat sie ausgewählt und zu welchem Zweck?

Katja Lengnink schlägt als Beispiel kein Kuchenrezept, sondern die Fußball-Bundesligatabelle vor: Bis zum Jahr 1995 gab es für einen Sieg 2 Punkte, seitdem sind es 3 Punkte. »Die Abhängigkeit der Bundesligatabelle von dem Algorithmus kann von den Schülerinnen und Schülern eigenständig erkundet werden. Einfache Rechnungen reichen hierfür aus. Wird das dem Algorithmus zugrundeliegende mathematische Modell (die Punkteregelung) verändert, so kann dies zu einer anderen Platzierung führen. Damit können Lernende die Auswirkung von Algorithmen am Beispiel erproben.«