adaptier.bar
individuelles Lernen
Der Linguist Matthias Schwendemann wird gefragt, was er für das Erlernen eine Fremdsprache empfiehlt: »Ich würde alle Sprachlernende gerne dazu ermutigen, neben den vielen Dingen, die ›gelernt werden müssen‹, auch immer wieder ganz viele Dinge zu tun, die ihnen einfach nur Spaß machen, zum Beispiel sich Musik in der zu erlernenden Sprache anzuhören und sich eine Lieblingsband zu suchen, Lieblingsserien oder kurze Videos anzusehen oder auch einmal die Übertragung einer Sportveranstaltung in der zu erlernenden Sprache anzusehen.«
Diese Tipps sind naheliegend, doch Matthias Schwendemann kann sie sogar mit seiner Dissertation belegen: »Aus neurowissenschaftlicher Sicht sollte erforscht werden, inwiefern sich neuronale Strukturen im Gehirn beim Lernen einer neuen Sprache über die Zeit verändern bzw. sich den Anforderungen einer neuen Sprache anpassen.« Es ging also um die sogenannte Neuroplastizität und die Frage, wie sich erwachsene Gehirne beim Sprachenlernen verändern. Dafür begleitete er 70 Deutschlernenden mit Arabisch als Erstsprache, die an einem achtzehnmonatigen Intensivsprachkurs teilnahmen.
Matthias Schwendemann war es wichtig, »Unterschiedlichkeit zwischen verschiedenen Lernenden, aber auch das unterschiedliche Verhalten derselben Lernenden zu unterschiedlichen Zeitpunkten, als konstituierendes Merkmal zweitsprachlicher Entwicklung zu betrachten und nicht als etwas, das im Hintergrund da ist, aber letztlich nur ein Störgeräusch bildet.« Er plädiert für Vielfalt im Sprachunterricht und bezweifelt, dass eine beste Methode zum Sprachenlernen existiert. »Ich denke, dass wir davon im Moment sehr, sehr weit entfernt sind und dass der beste Weg, um eine Sprache zu lernen, letztlich etwas sehr Individuelles ist. Im Gegenteil sind wir gerade erst dabei, zu verstehen, inwiefern sich unterschiedliche persönliche Voraussetzungen auf die zweitsprachliche Entwicklung auswirken und vor allem, wie diese über die Zeit zusammenwirken.«
Seine Empfehlungen zur Lernmotivation wirken sich zusätzlich auf das Durchhalten beim Sprachenlernen aus und spielen deshalb eine wichtige Rolle für den Lernerfolg.