änder.bar
geistige Flexibilität
Der Organisationspsychologe Adam Grant hat ein Buch gegen geistige Trägheit geschrieben: »Think Again. Die Kraft des flexiblen Denkens.« Es sei bequem, an alten Ansichten festzuhalten. Dagegen mache es die Welt unvorhersehbar, neue Perspektiven einzunehmen und sich selbst zu hinterfragen und könne sogar die Identität bedrohen. »Nicht in jedem Bereich unseres Lebens haben wir Probleme, umzudenken. So erneuern wir voller Eifer unsere Besitztümer. Wir frischen unsere Garderobe auf, wenn sie aus der Mode kommt, und renovieren unsere Küchen, wenn sie nicht länger en vogue sind. Doch wenn es um unser Wissen und unsere Meinungen geht, neigen wir dazu, uns nicht beirren zu lassen. Wir ziehen die uns Behagen bereitende Überzeugung dem Unbehagen des Zweifels vor, und wir lassen zu, dass unsere Überzeugungen brüchig werden, lange bevor unsere Knochen dies tun. Wir lachen über Menschen, die noch immer Windows 95 benutzen, halten aber nach wie vor an den Meinungen fest, die wir uns 1995 gebildet haben. Wir hören uns Ansichten an, die uns ein gutes Gefühl vermitteln, statt Ideen, die uns zum Nachdenken zwingen.«
Adam Grant plädiert für geistige Flexibilität und unterstreicht den Wert des Umdenkens. »Die meisten von uns sind stolz auf ihr Wissen und ihre Sachkompetenz und darauf, dass sie ihren Überzeugungen und Meinungen treu bleiben. Das ergibt Sinn in einer stabilen Welt, in der man dafür belohnt wird, von seinen Ideen überzeugt zu sein. Das Problem ist jedoch, dass wir in einer sich schnell verändernden Welt leben, in der wir genauso viel Zeit mit Umdenken verbringen müssen, wie wir Zeit mit Denken verbringen.«
Nicht nur das vorhandene Wissen nimmt zu, sondern auch der Zugang zu Informationen: »Der immer schneller voranschreitende Wandel bedeutet, dass wir unsere Überzeugungen schneller hinterfragen müssen als je zuvor. Das ist keine leichte Aufgabe. Unsere Überzeugungen neigen dazu, im Laufe der Zeit immer extremer und verwurzelter zu werde. Umdenken ist eine Fähigkeit, aber auch eine Geisteshaltung. Wir verfügen bereits über viele der mentalen Werkzeuge, die wir brauchen. Wir müssen nur daran denken, sie aus dem Schuppen zu holen und den Rost zu entfernen.«
Adam Grant stellt der Denkweise von Prediger*innen, Staatsanwält*innen und Politiker*innen die Geisteshaltung von Wissenschaftler*innen gegenüber »die sich vom Predigen, vom Anklagen und vom politischen Aktionismus unterscheidet. Wir schalten in den Modus des Wissenschaftlers, wenn wir nach der Wahrheit suchen: Wir führen Experimente durch, um Hypothesen zu überprüfen und Erkenntnisse zu gewinnen. Wissenschaftliche Werkzeuge sind nicht nur Menschen mit weißen Kitteln und Bechergläsern vorbehalten.«