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Fehler

Ein Bestsellerautor wie John Irving scheint eine Extraportion Talent zu besitzen. Er selbst sieht das anders: »Rund zwei Drittel meines Autorenlebens besteht aus Überarbeiten. Ich würde nicht sagen, dass ich über irgendein besonderes Talent verfüge. Aber ich stelle fest, dass ich eine ungewöhnliche Ausdauer habe.« Das klingt mühsam.

Auch der ebenfalls erfolgreiche aber deutlich jüngere Schriftsteller Benedict Wells betont die Bedeutung des Überarbeitens: »Bei mir ist das Überarbeiten der längste und wichtigste Teil des Prozesses, und auch der, der mir am meisten Spaß macht. Hard Land benötigte fünf Jahre von der Rohfassung bis zur Abgabe. Stück für Stück tastete ich mich an die fertige Geschichte heran, kümmerte mich zuerst um essenzielle Dinge wie Charakterentwicklungs, Emotionen und Struktur, bis ich mit einem absurden Vergnügen stunden- oder tagelang an einem einzigen Absatz herumfeilte.«

Vera Birkenbihl kritisierte in ihrem Buch mit dem Titel »Trotz Schule lernen« den Umgang mit Fehlern in der Schule: »Betrachtete das Kind jeden Fehler früher als eine Situation, welche Neugierde auslöste (Was ist denn da los? Warum klappt denn das nicht? Wie geht es anders?), so wird jetzt ein Fehler zu einem Störfaktor, der einen verleitet, das ursprüngliche Ziel aus den Augen zu verlieren.« Für das intensive Überarbeiten reicht in Klassenarbeiten die Zeit nicht und Änderungen können sogar mit Punktabzug wegen der äußeren Form bestraft werden. Die Note ist dann wie in Stein gemeißelt, an der ein nachträgliches Überarbeiten nichts mehr ändert. Gerade nach einer schwachen Leistung wollen sich viele Schüler*innen nicht mit ihrem fehlerhaften Werk auseinandersetzen.

Das gilt auch für andere Fächer. Für die Mathematikdidaktikerin Inge Schank von der Universität Osnabrück sind Fehler nicht ärgerlich oder peinlich, sondern »ein willkommener Anlass für dine Diskussion.«

Benedict Wells dagegen schreibt ein Loblied auf die Fehler: »Wir sind Menschen, wir machen unser Leben lang Fehler. Wir haben blinde Flecken, sind widersprüchlich und schwach, enttäuschen uns und andere und tun oder sagen Dinge, die wir später bereuen. Doch zugleich ist eine der schönsten Eigenschaften, die wir haben, aus Fehlern lernen und uns ändern zu können. Und wenn wir schreiben, können wir sogar zu manchen Momenten zurückkehren und es besser machen.«