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Spotlight-Effekt

»Und die einen sind im Dunkeln, und die anderen sind im Licht«, dichtete Bertolt Brecht, »doch man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht«. Wer im Scheinwerferlicht steht, bekommt besonders viel Aufmerksamkeit, gewollt oder ungewollt. Wenn etwas Peinliches passiert, dann ist das Spotlight dafür der ungünstigste Ort.

Beim Spotlight-Effekt geht es nicht um eine tatsächliche Bühne, sondern darum, sich wie jemand zu fühlen, der von allen beachtet wird. Das wurde mit einem originellen Experiment erforscht: Dem Psychologen Thomas Gilovich ist es gelungen, Studierende der Cornwell University zu überreden, ein unpopuläres Barry-Manilow-T-Shirt zu tragen. Bei diesem Experiment ging es um Peinlichkeit, und Vortests hatten ergeben, dass ein solches Kleidungsstück an der Cornwell University als besonders blamabel galt. So angezogen musste die Versuchsperson einen Raum betreten, in dem bereits weitere Personen warteten.

Anschließend wurden alle zu dieser Begegnung befragt: Hatten die Wartenden das T-Shirt bemerkt? Das bejahten nur 20 Prozent. Die Versuchsperson selbst überschätzte diese Zahl.

Im Alltag laufen die wenigsten Menschen im Barry-Manilow-T-Shirt herum. Doch sie sind unzufrieden mit ihrer Frisur, ihrem Auftreten oder dem Kaffeefleck auf ihrem Hemd – der von den anderen gar nicht bemerkt wird. Sie möchten sich im Dunkeln verstecken und fürchten das Licht. Das führt zu Selbstzensur und Vermeidung.