aufschreib.bar

Brainwriting

Im Jahr 1939 war es der Werbefachmann Alex Faickney Osborn, der Brainstorming erfand, die bekannte Kreativitätsmethode für Gruppen. Fast 90 Jahre später fasst die Psychologin und Schreibtrainerin Ulrike Scheuermann die Kritik zusammen: »Heute existieren zahlreiche Studien, die das Ergebnis immer wieder bestätigen: Mit steigender Gruppengröße bringen die Teilnehmenden weniger und schlechtere Ideen hervor (Cain 2011:141). Warum schneiden die Gruppenaktivitäten für die Ideenentwicklung so viel schlechter ab? Drei Faktoren führen zu den schlechteren Resultaten: Erstens die ›Soziale Faulenzerei‹ – jeder Einzelne lehnt sich eher zurück und lässt die anderen arbeiten. Zweitens die ›Produktionsblockade‹ – nur jeweils einer kann sprechen, das Warten bis zum Äußern der eigenen Idee lässt die Ideenproduktion stocken. Und drittens die ›Bewertungsangst‹ – keiner möchte vor den anderen Teilnehmenden dumm dastehen. Diese Angst besteht ganz ungeachtet aller Grundregeln bei Kreativtechniken, dass die Ideen anderer nicht bewertet werden.«

Die Lösung? Ulrike Scheuermann plädiert für Brainwriting statt Brainstorming: Die Teilnehmenden sammeln ihre Ideen in Ruhe und schriftlich. Dazu teilen sie ein Blatt Papier in drei Spalten und schreiben in die erste Zeile drei Ideen zu der jeweiligen Fragestellung. Das Blatt wird weitergegeben und die nächste Person ergänzt in der zweiten Zeile drei weitere Ideen. So geht es weiter, bis alle ihre Ideen aufgeschrieben haben. Die Blätter werden am Ende für alle sichtbar ausgelegt oder vorgelesen. So geht keine Idee unter und es herrscht Gleichberechtigung, weil die Stellung der Teilnehmenden keine Rolle spielt.

Ähnliche Techniken heißen »Schreibdiskussion« oder »Plakatwandern«. Ulrike Scheuermann spricht von »Schreibdenken«, das sie so beschreibt: »Der Name ist durch einen aus der Sprechwissenschaft stammenden Begriff angeregt: ›Sprechdenken‹ bezeichnet die parallele Fähigkeit von Sprechen und Denken; jemand denkt während des Sprechens schon voraus, hin zum nächsten Gedanken, zum nächsten Satz. Beim Schreiben verhält es sich ähnlich: Während man Wörter und Sätze formuliert, geht parallel das Denken schon weiter.«

In ihrem gleichnamigen Buch schreibt sie über den Schreibprozess alleine und in der Gruppe. Für beides gilt: »Mit Schreibdenken deckt man implizites Wissen auf, das sonst verborgen bleiben würde. Nicht alles Wissen ist sofort zugänglich, wenngleich es im Gedächtnis vorhanden ist.«