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Wettbewerb

34 Talente hat das Gallup-Institut ermittelt, die von »Analytisch« bis »Zukunftsorientierung« reichen. Ein Test ermittelt die fünf dominierenden Talente. Es gibt mehr als 33 Millionen Kombinationsmöglichkeiten für 5 aus 34 Talenten. Das macht Vergleiche zwischen Menschen fragwürdig. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie nicht mehr oder weniger talentiert sind als andere, sondern anders talentiert.

Es gibt jedoch ein Talent, dem genau das besonders wichtig ist: Die »Wettbewerbsorientierung« basiert auf dem Wunsch, sich mit anderen zu vergleichen: »Kampfgeist hat seinen Ursprung im Vergleich. Wir verfolgen aufmerksam die Leistung anderer und verwenden diese als Messlatte zur Beurteilung unserer eigenen Leistung. Denn es ist ganz klar, dass es letztendlich keine Rolle spielt, wie hart und mit welchen guten Vorsätzen man gearbeitet hat, wenn man zwar das Ziel erreicht, aber von anderen mehrmals überrundet wird.«

Marcus Buckingham vom Gallup-Institut beobachtete: »Mein Sohn Jackson ist jetzt fünf, und ich weiß jetzt schon einiges über seine Persönlichkeit. So weiß ich zum Beispiel, dass Jack keine Niederlagen ertragen kann. Nicht wie die meisten Kinder, die ganz generell lieber gewinnen als verlieren. Jack hat eine tief verwurzelte Abneigung gegen jede Form von Niederlage. Weder meine Frau noch ich haben Einfluss darauf. Jack war schon immer so und wird auch so bleiben. Sein Konkurrenzdenken wird zwar im Lauf der Jahre andere Formen annehmen als heute, doch ganz gleich, wie viel Spaß er als Erwachsener an dem Motto hat, ›dabei sein ist alles‹, für ihn wird das Ergebnis immer am meisten zählen. Wenn er als Erwachsener etwas Neues lernt, wird sein erster Gedanke sein: ›Wie gut bin ich?‹ Das war auch vergangene Woche sein erster Gedanke, als wir zum ersten Mal Tischtennis spielten. ›Wie steht’s?‹, wollte er sofort wissen.«

Im März 2019 berichtet der SPIEGEL über einen Promi-Betrugsskandal an US-Unis: »In den USA sollen Dutzende reiche Eltern, darunter Hollywood-Star Felicity Huffman, ihre eigentlich chancenlosen Kinder an Eliteschulen untergebracht haben – mittels Bestechung.«

Eine der Verurteilten ist Jane Buckingham, die Mutter von Jack: »Jane Buckingham, die Chefin einer Marketingfirma in Los Angeles und Autorin des Buchs ›The Modern Girl’s Guide to Life‹, einer Selbsthilfefibel ›für die vielbeschäftigte moderne Frau‹. Sie habe ein Testergebnis ihres Sohns für 50.000 Dollar fälschen lassen.«

In seinem Buch »Nutzen Sie Ihre Stärken jetzt« schreibt Marcus Buckingham über das Konkurrenzdenken seines Sohnes: »Ich wünsche ihm, dass er seinen Siegeswillen gezielt einsetzen kann, dass er lernt, sich die Umstände zu schaffen, in denen er gewinnen kann. Und ich hoffe sehr, dass er sich bei Niederlagen nicht mehr wie das heulend Elend fühlt. Was ich nicht erwarte, ist, dass er sich vom schlechten zum guten Verlierer wandelt. Als Vater wünsche ich mir natürlich, dass er besser mit Niederlagen umzugehen lernt und den Sieg großzügig dem Besseren zugestehen kann. Doch Jack ist und bleibt einer der Menschen, die selbst im besten Verlierer nur eines sehen: den Verlierer.«

Auch Felix Keßler unterteilt in der Schulsport-Debatte im SPIEGEL die Menschen in Gewinner und Verlierer: »Im Sport, das ist ein Grundprinzip, gibt es Verbündete und Gegner, Gewinner und Verlierer. Es wäre absurd, wenn das im Völkerball, ja im Schulsport überhaupt, anders wäre.« Damit vertritt er ein eingeschränktes Verständnis von Sport. Wer kein Interesse am Vergleichen hat und keine Freude daran, dass andere verlieren, wird davon nicht angesprochen.

Wettbewerb und Vergleiche gibt es nicht nur im Sport. Sogar bei der Fremdsprachen-App Duolingo werden die Lernenden zufällig in Ranglisten eingeteilt und treten gegen andere Lernende an. Wer nicht wettbewerbsorientiert ist, will eher die eigenen Fähigkeiten verbessern, ohne sich mit anderen zu vergleichen. Für Menschen mit Konkurrenzdenken dagegen ist es sicherlich motivierend, in die Diamond-Liga befördert zu werden – ob mit oder ohne Bestechung.