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ABC-Modell

Als »Anti-Drückeberger-Therapie« wurde sie bezeichnet, die sogenannte »Rational-Emotive Therapie«. Der amerikanische Psychologe Albert Ellis setzt mit dem »ABC-Modell« auf die Eigenverantwortlichkeit des Menschen.

Wenn jemandem eine Widrigkeit (Adversity) widerfährt, führen die Überzeugungen (Beliefs) darüber zu Wirkungen (Consequences). Auch im Deutschen wurde die englische Abkürzung »ABC« beibehalten, vielleicht weil »WÜW« weniger seriös klingt.

Zwar mag der Eindruck entstehen, das negative Ereignis (A) verursache die Wirkung (C) direkt, zum Beispiel »Schlechte Noten (A) machen mutlos (C)«. Doch dann würden Schüler*innen nicht so unterschiedlich darauf reagieren. Entscheidend sind also vernichtende Überzeugungen (B) wie »Wenn ich nicht so dumm wäre, würde ich gute Noten bekommen«.

Auch Kinder können durch die Unterscheidung von negativen Ereignissen (A), Überzeugungen (B) und Konsequenzen (C) verstehen, dass Gefühle nicht einfach aus dem Nichts kommen oder die zwangsläufigen Folgen der Ereignisse sind.

A: Die Tennisspielerin verliert ein Spiel haushoch.

B: Sie glaubt: Nur eine völlig unbegabte Spielerin wird derart vernichtend geschlagen.

C: Also hat sie keine Lust mehr zu üben.

Wer lernt, die Überzeugungen zu identifizieren, die Angst, Traurigkeit oder Entmutigung auslösen, kann die ABC-Kette verändern.

Erlernter Optimismus unterscheidet sich vom sogenannten »positiven Denken«, bei dem man sich selbst unkritisch positive Sätze vorsagt (»Ich werde dieses Turnier gewinnen«). Ziel ist also nicht, einseitig positiv zu denken, sondern das einseitige negative Denken zu beenden.

Schon Kinder können kritisches Denken einsetzen, um entmutigende Überzeugungen anzuzweifeln: Vielleicht entsprechen die Überzeugungen den Tatsachen, vielleicht nicht. In jedem Fall sind sie unvollständig, fast immer zu einseitig, oft unbegründet, gelegentlich überholt und manchmal sogar ganz offensichtlich faktisch falsch.

Deshalb ist die Suche nach Beweisen aufschlussreich. Welche Beweise gibt es – für und auch gegen die Überzeugung? Wenn die Tennisspielerin erfährt, dass es ein Profi war, gegen die sie spielte – würde ihr dann das Üben wieder Spaß machen?

Doch auch wenn sich keine Beweise finden lassen: Kaum ein Ereignis hat nur eine Ursache. Müdigkeit, Pech, Nervosität… Warum sollte man sich ausgerechnet an den schlimmsten und folgenschwersten orientieren?

Solange die wirklichen Ursachen für einen Misserfolg unbekannt bleiben, sind zunächst alle Erklärungen nur Vermutungen. Es geht also nicht darum, automatisch an die entlastende zu glauben (»Die anderen sind schuld und es hat nichts mit mir zu tun«), die ebenso einseitig ist wie die unvorteilhafteste Erklärung (»Ich bin und bleibe eine Versagerin und mache alles falsch, egal was ich anpacke«).

Wenn aber wirklich die düsterste Erklärung die richtige ist? Wenn man tatsächlich die unbegabteste Tennisspielerin aller Zeiten ist? Dann kann man immer noch entscheiden, aus Spaß am Spiel weiterzumachen oder sich lieber eine andere Sportart zu suchen. Problematisch am Katastrophendenken ist die Mutlosigkeit, die auch andere Bereiche beeinträchtigt.

Albert Ellis unterscheidet zwischen rationalen und irrationalen Überzeugungen. Rationale Überzeugungen drücken Neigungen und Wünsche aus (»Ich möchte diese Prüfung gerne bestehen«), aber auch Situationsanalysen (»Wenn mir das beim ersten Mal nicht gelingt, habe ich einen zweiten Versuch. Sollte ich endgültig nicht bestehen, werde ich nach Alternativen suchen«). Irrationale Überzeugungen sind absolutistische Muss-Vorstellungen (»Ich muss diese Prüfung bestehen, sonst ist mein Leben verpfuscht«).

Selbst rationale Überzeugungen führen bei einem Misserfolg zu Bedauern und Enttäuschung. Doch diese Gefühle können sogar hilfreich sein, wenn sie dazu motivieren, sich beim nächsten Mal besser vorzubereiten. Irrationale Überzeugungen dagegen lösen eher Panik oder Mutlosigkeit aus und stehen bei der Vorbereitung auf die nächste Prüfung im Weg.

Fortsetzung folgt…

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