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nicht die Bohne

Das Standardwerk »Über das Gedächtnis. Untersuchungen zur experimentellen Psychologie« basiert auf einem Selbstversuch von Hermann Ebbinghaus.

Solche Experimente dienen nicht nur der Wissenschaft. Auch das eigene Lernen lässt sich durch Versuch und Irrtum erforschen.

Im Biologieunterricht sind Versuche mit Bohnen beliebt: Schüler*innen dokumentieren, unter welchen Bedingungen eine Bohne am besten keimt und dann zur Pflanze heranwächst. Braucht sie Wasser, frische Luft und Sonnenlicht? Und wie viel davon? Je mehr, desto besser? Oder gibt es auch ein Zuviel? Wo liegt die beste Temperatur?

Manches lässt sich von Bohnen auf andere Pflanzen übertragen, doch offensichtlich reagieren verschiedene Pflanzenarten unterschiedlich auf Kälte oder Dürre oder Hitze oder Überschwemmung. Niemand käme auf die Idee, ihnen das zum Vorwurf zu machen (»Guck nicht so welk, du Mimose! Der Kaktus bekommt schließlich auch nicht mehr Wasser als du!«) – auch wenn manche Hobbygärtner*innen bekanntlich mit ihren Pflanzen reden und dabei vielleicht sogar gelegentlich ihren Unmut zeigen, wenn gutgemeinte Pflegeversuche nicht mit Früchten und Blüten belohnt werden.

Diese unvoreingenommene Neugier ist auch für die eigenen Lernbemühungen hilfreich: Was passiert, wenn ich meine Vokabeln morgens, mittags oder abends lerne? Wie oft sollte ich sie wiederholen? Merke ich mir am besten, was ich lese, höre oder selbst schreibe? Wie viele Vokabeln schaffe ich am Tag und welche Portionsgröße ist die beste? Anstatt das Vergessen als Scheitern zu interpretieren, gibt es aufschlussreiche Hinweise, was verändert werden sollte.

Sogenannte Lerntypentests sind nicht nur wissenschaftlich umstritten, sondern gar nicht nötig, wie Elsbeth Stern beschreibt: »Wenig sinnvoll, aber weit verbreitet ist beispielsweise die Einteilung von Schülern in Lerntypen, z.B. in verbale und visuelle Typen. Sofern man damit nicht blinde oder taubstumme Menschen meint, ist die Unterteilung nur verwirrend und kein bisschen hilfreich. Kompetente Lerner zeichnen sich dadurch aus, dass sie über unterschiedliche Strategien verfügen und in der Lage sind, für jede Anforderung die angemessene Strategie auszuwählen. Es gibt Situationen, in denen eine Abbildung mehr wert ist als 10000 Worte, während man in anderen Situationen nicht auf Worte verzichten kann.«

Auch bei scheinbar visuellen Wahrnehmungsleistungen wird die Bedeutung und nicht nur die Optik abgespeichert. Der Mathematikprofessor Jens Holger Lorenz erklärt, welche Rolle die Bedeutung der Information spielt: »So sind Schachspieler in der Lage, Figurenkonfigurationen auf dem Brett, die ihnen vorgelegt werden, dann sehr schnell zu erfassen und zu behalten, wenn sie aus Partien entstanden sind oder entstanden sein könnten. Laien gelingt dies nicht oder nur mit enormem Zeitaufwand. Sind die Figurenpositionen dagegen irreal, das heißt, sie wären während eines Spiels durch keine Zugkombination zu erreichen, dann schneiden bei diesen Gedächtnisexperimenten die Experten nicht mehr besser ab als die Novizen: Ihr Wissen um das Spiel hilft ihnen nicht mehr.«

Wir freuen uns auf Anregung und Empfehlungen von Lehrenden und Lernenden (wer ist das nicht?!) per Mail oder einfach hier im Kommentarfeld.

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