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Confirmation Bias

Es gibt nur vier Karten und die Regeln sind simpel: Jede Karte hat auf einer Seite eine Zahl und auf der anderen Seite einen Punkt. Die Zahlen sind 1, 3, 5 und 8, die Punkte sind rot oder grün. Immer noch simpel.

Die Karten werden aufgedeckt: 3, rot, 8, grün

Wie viele Karten müssen umgedreht werden, um folgende Aussage zu überprüfen:

»Trägt eine Karte eine gerade Zahl auf der einen Seite, dann ist die andere Seite rot.«

Auch das klingt nicht allzu kompliziert. Doch welche Karte wird umgedreht? Häufig die rote Karte, was nicht weiterhilft: Auf Karten mit dem roten Punkt können auf der anderen Seite ungerade wie auch gerade Zahlen stehen. Darin zeigt sich eine Vorliebe für Bestätigungen und die Abneigung für Widerlegungen.

Derartige Test stammen vom britischen Denkpsychologen Peter Wason, und er prägte auch den Begriff »Confirmation Bias«: Der Bestätigungsfehler ist eine kognitive Verzerrung, Informationen zu suchen, die bestehende Überzeugungen und Annahmen bestätigen, während widersprechende Informationen ignoriert werden.«

Der Schriftsteller Rolf Dobelli hält einige Berufsgruppen für besonders anfällig:

»Keine Berufsgattung leidet stärker am Confirmation Bias als die Wirtschaftsjournalisten. Oft stellen sie eine billige Theorie auf, setzen zwei, drei ›Beweise‹ hinzu, und fertig ist der Artikel. Beispiel: ›Google ist so erfolgreich, weil die Firma eine Kultur der Kreativität lebt.‹ Also geht der Journalist hin, sucht sich, zwei drei Firmen heraus, die ebenfalls Kreativität leben und damit erfolgreich sind (Confirming Evidence). Aber er macht sich nicht die Mühe, Disconfirming Evidence auszugraben, also jene Firmen zu suchen, die eine Kultur der Kreativität pflegen, aber nicht erfolgreich sind – beziehungsweise solche, die erfolgreich sind, aber keine Kultur der Kreativität leben. Von beiden Sorten gibt es eine Menge, doch der Journalist übergeht sie geflissentlich. Würde er eine davon erwähnen, wäre sein Zeitungsartikel im Eimer. Ich hingegen würde diesen Artikel einrahmen – eine Perle im Meer der nutzlosen Halbrecherchen.«

Auch das weite Feld der Ratgeberliteratur lebt vom Confirmation Bias: »Nach demselben Prinzip werden Erfolgs- und Lebenshilfebücher geschrieben. Banalste Theorien werden aufgetischt – etwa: ›Meditation ist der Schlüssel zur Glücksseligkeit.‹ Natürlich hat der weise Autor haufenweise bestätigende Beispiele dafür. Nach Disconfirming Evidence sucht man hingegen vergebens: Menschen, die ohne Meditation glücklich sind, und Menschen, die trotz Meditation unglücklich sind.«

Dass die Astrologie zu nebulösen Vorhersagen greift, überrascht nicht. Aber die Wirtschaftswissenschaft? »Astrologen und Wirtschaftsexperten operieren nach dem gleichen Prinzip. Ihre Aussagen sind so schwammig, dass sie Bestätigung wie ein Magnet anziehen: ›In den kommenden Wochen werden Sie traurige Momente erleben‹ beziehungsweise ›Mittelfristig wird der Abwertungsdruck auf den Dollar zunehmen‹. Was heißt mittelfristig? Was heißt Abwertungsdruck? Abwertung gemessen an was – Gold, Yen, Pesos, Weizen, Wohneigentum in Berlin-Kreuzberg, dem Preis für Currywürste?«

Und was bedeutet das für die Karten mit den Zahlen und Punkten? Nur eine Falsifikation kann helfen: Durch Überprüfung der Karte mit der 8 und der Karte mit dem grünen Punkt kann die Behauptung widerlegt werden.

Wir freuen uns auf Anregung und Empfehlungen von Lehrenden und Lernenden (wer ist das nicht?!) per Mail oder einfach hier im Kommentarfeld.

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