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Lob

Das Leben als Kartenspiel: Marcus Buckingham vom Meinungsforschungsinstitut Gallup staunt, wie viele Menschen sich im Leben auf ihre schlechten Karten konzentrieren und dabei die Trümpfe vernachlässigen, die sie ebenfalls in der Hand halten.

Auch die Psychologieprofessorin Carol Dweck illustriert in ihrem Buch »Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt« das dynamische Selbstbild mit einem Kartenspiel: Ein statisches Selbstbild besagt, dass persönliche Eigenschaften in Stein gemeißelt sind. Dadurch steht mit jeder Prüfung der gesamte Selbstwert auf dem Spiel. Und jede Situation kann zur Prüfung werden, in der die Persönlichkeit, die Intelligenz oder der Charakter bewertet werden. Klingt einschüchternd.

»Es gibt ein anderes Selbstbild, das nicht einfach davon ausgeht, dass wir diese Eigenschaften bei der Geburt mitbekommen wie ein Pokerblatt und dass wir unserer Umwelt ein Leben lang weismachen müssen, wir hätten einen Royal Flush auf der Hand, während wir selbst dauernd befürchten, es könnte gerade mal ein Pärchen Zehner sein. Dieses dynamische Selbstbild geht davon aus, dass Sie Ihre Grundeigenschaften durch eigene Anstrengungen weiterentwickeln können.« Carol Dweck wird häufig zitiert und ziemlich häufig falsch zitiert.

Sie will zeigen, dass wir uns zwar in Talenten, Eignungen, Interessen und Temperament unterscheiden, diese aber durch Einsatz verändern und entwickeln können. Das ist nicht gleichbedeutend mit der realitätsfremden Behauptung, alles sei erreichbar. »Viele glauben, ein dynamisches Selbstbild bedeutet, Kindern zu sagen, dass sie alles erreichen können. Ich habe Lehrer sagen hören: ›Ich habe schon immer ein dynamisches Selbstbild gehabt. Ich sage meinen Schülern: Ihr könnt alles erreichen!‹ Kaum jemand glaubt so sehr an das Potenzial von Kindern wie ich und wünscht sich so sehr, dass sie es entfalten. Aber das passiert nicht, indem man Kindern sagt, dass sie alles erreichen können. Das passiert, indem man ihnen hilft, die Fähigkeiten zu erwerben und die Ressourcen zu finden, um ihre Ziele zu erreichen. Alles andere sind leere Floskeln. Sie bürden den Kindern die ganze Verantwortung auf und sorgen nur dafür, dass sie sich wie Versager fühlen, wenn sie nicht alles erreichen.«

Carol Dweck hat sich im Zusammenhang mit dem richtigen Loben einen Namen gemacht: Nicht die Spielkarten sollen gelobt werden, sondern die Kunst des Kartenspiels.

»Wenn mich Leute als die ›Selbstbild‹-Autorin erkennen, dann sagen sie oft: ›Ach ja! Loben Sie den Prozess, nicht das Resultat, stimmt’s?‹ Nicht ganz. Das ist ein verbreitetes Missverständnis. In unseren Untersuchungen loben wir tatsächlich den Prozess, aber der ist mit dem Ergebnis verbunden, also mit dem Lernfortschritt und Leistungen. Kinder müssen verstehen, dass der Prozess die Voraussetzung des Lernerfolges ist.« Es geht Carol Dweck darum, den Prozess in den Vordergrund zu stellen, der den Erfolg möglich gemacht hat. Lob soll nicht zum Trostpreis werden, wenn der Erfolg ausbleibt.

Falls die verwendeten Strategien keinen Fortschritt bringen, können neue erprobt werden. Ermutigender als Lob ist dann Interesse: »Zeig mir, was du gemacht hast, lass uns verstehen, was du dir dabei gedacht hast, und dann überlegen wir, was du als nächstes tun kannst.« Dafür ist nicht mal ein Royal Flush nötig.

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